|
BERNHARD DEGISCHER IN DEN OSTTIROLER WURZELN |
«zurück |
OSTTIROLER BOTE 1999/20: Mister Club Osttirol |
|
Es gab schon immer gebürtige Osttiroler in Wien. Diese hatten zwar recht
enge Beziehungen zu ihrer Heimat, jedoch in der Bundeshauptstadt selbst
fehlte der Zusammenhalt. Seit Bernhard Degischer sich dort der Osttiroler
annahm, änderte sich dies grundlegend.
Es war im Jahre 1984, als sich auf Initiative des Lienzers Bernhard Degischer
ein kleiner Haufen zusammenfand, um einen "Club Osttirol" in
Wien zu gründen. Georg „Schorsch„
Huber aus Lienz, Fritz Hanser aus Thal, Sepp Unterweger aus Thurn, Gerhard
"Wuz" Höller aus Lienz, Margit Unterweger aus Debant und
Reinhard Dressler aus Lienz und natürlich Bernhard Degischer selbst
sind so einige Namen der "ersten Stunde". Anfangs waren es in
erster Linie gesellschaftliche Treffs, die von den Club-Proponenten veranstaltet
wurden. Doch alsbald begann sich dieser Haufen wieder etwas zu verlaufen,
und daher waren neue Initiativen gefragt. So übernahm Bernhard Degischer
Ende der achtziger Jahre den Verein als Obmann. Auch die Aktivitäten
wurden verlagert; das Kulturelle rückte in den Vordergrund. Dazu
holte er sich noch Valentin Wurnitsch, Peter Unterweger und Herbert Tegischer
in sein Team.
Vernissagen wurden nun organisiert, nicht nur in Wien. Die größte
Ausstellung allerdings in Lienz in der Liebburg: Osttiroler Künstler
in Wien repräsentierten ihre Werke in ihrer Heimat. Künstler
aus Osttirol gibt es jede Menge in Wien.
Natürlich kam der gesellschaftliche Teil nicht zu kurz, letztlich
auch zur Finanzierung des Vereines, der seit geraumer Zeit auf Mitgliedsbeiträge
verzichtet. Beim Lienzer Stadtfest waren die "Wiener Osttiroler"
einige Zeit mit einem Heurigen vertreten, der von einem Freund des Vereines,
dem Stammersdorfer Wirt Franz Stotzek, unterstützt wurde. Dazu gibt
es jährlich im Fasching ein "Osttiroler Gschnas" im Martin-Schlössl
in Wien, und auch auf der sportlichen Seite ist das Team um Bernhard Degischer
aktiv: Bereits zum dritten Mal wurde am 20. April die Osttiroler Meile,
ein Crosslauf am Bisamberg in Wien, veranstaltet und mutierte somit zur
Dauereinrichtung. Dialektforschung im Wiener Sprachmuseum unter Prof.
Hornung runden das bunte Programm des Vereines ab, das im Detail natürlich
noch wesentlich vielfältiger ist.
Ein Osttiroler Künstler sei hier besonders erwähnt, denn er
steht in den kommenden Monaten im Mittelpunkt des Vereines: der Maler
Leo Ganzer. Der in Innichen geborene und als Kind nach Lienz übersiedelte
Maler - er feiert am 7. Juni dieses Jahres seinen 70. Geburtstag - kann
auf ein umfangreiches Schaffen zurückblicken. Er war, neben vielen
anderen Funktionen, auch lange Zeit Präsident des Berufsverbandes
der bildenden Künstler Österreichs (BVÖ). Um sein Lebenswerk
einem breiten Publikum zu präsentieren und ihn dadurch auch zu ehren,
organisiert der "Club Osttirol" drei große Ausstellungen
mit Werken von Leo Ganzer: in seiner Heimatstadt Lienz vom 14. Juni bis
zum 22. Juli (Vernissage am 12. Juni um 11 Uhr), im Geburtsort Innichen
vom 27. Juli bis zum 8. August (Vernissage am 26. Juli um 18 Uhr) und
in Wien im Döblinger Bezirksmuseum vom 2. bis zum 10. Oktober (Vernissage
am 1. Oktober um 19.30 Uhr).
Einigermaßen bewegt war das Leben von Bernhard Degischer, bis er
zu seinem jetzigen Beruf als Hauptschullehrer und zu seiner Berufung als
Obmann des "Club Osttirol" in Wien kam.
Am 21. Juli 1946 in Lienz geboren, wuchs er in sehr einfachen, aber geborgenen
Verhältnissen auf. Vater Friedrich war Tischler bei der Firma Bodner
in Lienz und Mutter Antonia, eine geborene Resinger aus St. Johann im
Walde, Hausfrau. Acht Kinder belebten das Elternhaus: Adelheid ist nun
Verkäuferin bei Krismer-Moden in Lienz, Agnes - nunmehr Agnes Schulz
- ist in Berlin verheiratet, Gretl zog es nach Verona, sie ist dort unter
dem Namen Valenari zu finden, Ernst arbeitet in Innsbruck als Hausmeister
bei der Wohnbaugesellschaft "Neue Heimat", Martha in der HAK
Lienz, Gertraud ("Gerti") ließ sich unter dem Namen Lasalle
in Paris nieder, und die Jüngste, Hildegard, heißt nun Tacconi
und wohnt in Lugagnano. Bernhard ist altersmäßig der Dritte
der jetzt so verstreuten Kinderschar der Familie Degischer.
"Unsere Eltern waren sehr aufgeschlossen und liberal", beschreibt
Bernhard Degischer seine glückliche Kindheit. Da die Großeltern
Stefan und Maria Degischer zudem eine Landwirtschaft besaßen, wurde
der kindliche Spieltrieb in Gottes freier Natur befriedigt.
Nach Volks- und Hauptschule in Lienz trat Bernhard Degischer in die kaufmännische
Lehre in der Eisenhandelsfirma Max Keller in Lienz ein. Dieser Beruf war
ihm jedoch zu wenig kreativ, und so tingelte er zwischen verschiedenen
Branchen hin und her, bis er nach dem Militärdienst im Jahre 1969
in der
Dekorationsfachschule im deutschen Bad Harzburg landete. Nach einem halben
Jahr Ausbildung in diesem kreativen Bereich war er in Bad Godesberg als
Messegestalter tätig und anschließend ging er für vier
Jahre als Dekorateur und Werbegestalter nach Hamburg.
"Irgendwann ging mir die Werbung auf den Wecker, und ich wollte mich
einem Beruf mit sozialer Komponente zuwenden", erklärt Bernhard
Degischer seinen Wechsel nach Wien, wo er die Matura nachholte und gleich
die PÄDAK besuchte. Nach kurzem beruflichen Zwischenspiel als Lehrer
in St. Johann in Tirol ging es wieder retour nach Wien, wo er auch seine
Frau Eva kennenlernte.
"Meine Freunde und ich waren auf Hasenjagd beim Heurigen in Perchtoldsdorf",
erinnert er sich verschmitzt lächelnd. Der "Wiener Hase"
Eva biß an, und das Ergebnis ist eine glückliche Ehe und zwei
Töchter: Katharina und Valerie. Heute unterrichtet Bernhard Degischer
an der Wiener Sporthauptschule in der Wittelsbachstraße. Sport war
ohnehin sein Lebensbegleiter. Schon als Schüler spielte er bei Rapid
Lienz und stieg bis zum Einsatz in der Kampfmannschaft auf. Auch seine
Hobbies sind sportlicher Natur: Skitouren, Skifahren und Golf. Diese Betätigungen
führen ihn auch oft nach Osttirol. Zwei Tage vor diesem Interview
in einem Wiener Gastgarten war er noch am Großvenediger unterwegs.
Das Villgratental ist weiters ein Lieblingsgebiet seiner Touren. Aber
auch sonst kommt er fast monatlich in seine Heimat, vor allem um seine
Mutter und Freunde zu besuchen.
Auch seine Pläne als Obmann der Osttiroler in Wien beziehen sich auf
seine Heimat: In Zusammenarbeit mit Prof. Hornung wird er ein Osttiroler
Dialektbuch herausgeben und ab dem nächsten Jahr sollen Skitouren in
Osttirol zum fixen Programmpunkt gehören. Der jährliche "Tiroler
Ball" im Wiener Rathaus ist ein gesellschaftliches Ereignis ersten
Ranges und wird jeweils von einem Tiroler Ort oder einer Region veranstaltet.
Im Jahre 2002 wird sich Osttirol auf diesem Ball präsentieren, und
Bernhard Degischer denkt schon jetzt über attraktive Einlagen nach.
Über den Besuch braucht er sich keine Sorgen zu machen. Erstens gibt
es jede Menge Osttiroler in der Bundeshauptstadt und zweitens genießen
die Tiroler in Wien durchwegs hohes Ansehen.
|
Vernissage in Wien (v. l.): Galerist Fritz Gogl, Schwester Gerti Lasalle, Bernd Degischer und Peter Unterweger. |
Bernhard mit seiner Mutter (1973) |
Mit Bergkameraden auf dem Großvenediger (Bernhard zweiter von rechts). |
|